Aktuell leben über 2000 Kinder auf den Straßen von Santa Cruz und tausende von Minderjährigen arbeiten täglich auf der Straße, um sich irgendwie eine Mahlzeit zu verdienen. Sie verkaufen Bonbons, betteln, putzen Schuhe (…). Der Bruch mit ihren Familien kann dabei aus sehr verschiedenen Gründen erfolgt sein. Eine große Anzahl der Straßenkinder konsumiert Drogen, um den Alltag zu überstehen. Doch für viele Kinder stellt das Leben auf der Straße auch ein Leben in Freiheit und der neuen Gemeinschaft der Straßengangs dar, die sie in ihrer Familie vielleicht vergeblich suchten.
Um diesen Kindern die Chance auf ein geregeltes Leben und bestenfalls sogar auf eine Versöhnung mit ihrer Familie zu bieten, wurde Anfang der 90er Jahre in Santa Cruz das “Proyecto Don Bosco” durch den italienischen Salesianer Octavio Sabbadin gegründet.
Die Salesianer Don Boscos sind eine Ordensgemeinschaft, die auf den italienischen Priester Johannes Bosco zurückgeht, der es sich seinerzeit zur Lebensaufgabe machte, benachteiligte Kinder und Jugendliche zu unterstützen.
Die Mädchen und Jungs, um die sich im Projekt gekümmert wird, sind insgesamt zwischen 6 und 18 Jahren alt und stammen entweder aus schwierigen familiären Verhältnissen (zum Beispiel Misshandlung, Drogenkonsum oder Nichtakzeptanz) oder von der Straße. Sie finden den Weg ins Projekt auf unterschiedliche Weisen: Teilweise werden sie bei Polizei-Razzien aufgegriffen oder vom Jugendamt in das Projekt gebracht. Teilweise werden sie auch von ihren Familien selbst in einem der Heime abgegeben. Das Ziel der MitarbeiterInnen ist dann, die Kinder und Jugendlichen schrittweise zurück zu ihren Familien zu führen und sie auf ein „normales“ Leben mit Ausbildung, Beruf und Schulbildung vorzubereiten.
Das Proyecto Don Bosco besteht aus verschiedenen Einrichtungen, welche über die Stadt verteilt sind und sich leicht unterscheiden, jedoch alle das gemeinsame Ziel, Kindern eine neue Perspektive aufzuzeigen und ihnen zu helfen, einen neuen Lebensweg einzuschlagen, verfolgen.
Techo Pinardi
Der Weg von der Straße in ein geregeltes Leben beginnt bei vielen der Kindern und Jugendlichen im Techo (=Dach) Pinardi. Hierbei handelt es sich um die erste Anlaufstelle, wo ihnen zunächst ein Schlafplatz und Essen geboten wird. Sie können kommen und gehen, wann sie wollen. So erhalten sie ein Zuhause und werden auch auf sanitäre Einrichtungen wie Dusche und Toiletten sensibilisiert. Zudem wird ihnen psychologische Hilfe (beispielsweise bei Drogenproblemen) angeboten und sie können verschiedene praktische Fertigkeiten wie Malerei oder Gärtnerei erlernen.
Hogar Don Bosco
Der größte Teil des Projekts mit circa 60 Jungs im Alter von sechs bis 18 Jahren ist das Hogar (=Heim) Don Bosco. Vormittags ist der Großteil der Jugendlichen in der nebenan gelegenen Schule oder beschäftigt sich mit späteren Berufsmöglichkeiten (Lackiererei, Bäckerei etc.). Nachmittags erledigen sie in mehreren nach Schulstufe eingeteilten Gruppen ihre Hausaufgaben, treiben Sport auf einer der 3 Sportplätze des Hogars oder machen die verschiedensten Aktivitäten (Ausflüge, kreative Projekte etc.). Die Jugendlichen bleiben hier, bis sie die Schulzeit abgeschlossen haben und wechseln anschließend meistens in das Barrio Juvenil.
Barrio Juvenil
Hier wohnen die Jugendlichen (ab 15+ Jahren) in wohngemeinschaftsähnlichen Verhältnissen und sind tagsüber entweder bei der Arbeit, in der Schule, im Studium oder bei den projekteigenen Einrichtungen wie Malerei, Gärtnerei etc. So erhalten sie ein eigenes Zuhause und können dennoch sofort Hilfe bei allen möglichen Problemen anfordern und sind nicht allein. Das dient ebenfalls dazu, sie zu verantwortlicheren Jugendlichen zu machen und sie auf ein späteres Berufsleben vorzubereiten.
Mano Amiga
Zudem gibt es noch das Mano (=Hand) Amiga, wo vor allem noch kleine Jungen und Mädchen vom Jugendamt hingebracht werden. Sie befinden sich hier in der Übergangszeit, während ihre Situation geklärt wird. Sie erhalten eine geschützte Atmosphäre, psychologische Hilfe und Bildung, um bestenfalls wieder in ihre Familien zurückzukehren oder nach spätestens einem Jahr in ein anderes Heim übergeben zu werden.
Die Arbeit mit den Kindern geschieht dabei jederzeit frei nach dem Motto:
“Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen.” (Johannes Bosco).
Last but not least: Wer war Johannes Don Bosco?
Johannes Bosco (1815-1888) war ein italienischer Priester, der sich für arme und vernachlässigte Kinder einsetzte. Seine Pädagogik, welche auf den Grundbausteinen Schule, Familie, Spielen und Glaube geprägt ist, wird auch heute noch in den Don-Bosco-Projekten auf der ganzen Welt umgesetzt. Der nach ihm gegründete Orden ist heute in Projekten und sozialen Einrichtungen in 133 Ländern vertreten.
Fotos: © Don Bosco Mission Bonn /ichtv_ Patricio Crooker